Kleine Zen-Pause

Unterwegs in der Stadt – und wenn auch gemütlich mit dem Rad,
ist sie doch ansteckend: die Atmosphäre von Hektik und Hast.
Schneller und schneller trete ich die Pedalen,
und kaum zu Hause angekommen, lege ich los:
Wasserkocher marsch, das Radio an, Tasche auspacken, bis — holterdiepolter —
die Reistüte purzelt, und erste Körner durch die Küche kullern.
Mitten im Griff zum Kehrblech halte ich inne:
Nein, so geht das nicht!
Bus

Radeln-im-Stadtgetümmel

Zu meinem Glück besinne ich mich, auf diese Weisheit des Zen:
„Du hast es eilig? Mach einen Umweg.“
hier und jetzt bedeutet das: Erstmal nur eine Sache:
Das heiße Wasser für den Tee.
Ah, welch wohltuende Pause… bis…
… die unterwegs aufgeschnappte Hast verfliegt…
und als ich mich wieder dem Tun und Machen zuwende, da geht alles ganz mühelos.

TeePause

Blühende Herausforderung

BlauerKrokus

Die ersten zarten Schneeglöckchen läuten
den Schmerz aus dem Winterschlaf.
Herbst endete mit Streit und Trennung,
öffnete das Tor zum Labyrinthweg nach innen,
übergab das wunde Herz dem schützenden Umhang der dunklen Nächte.

Dort geschah Heilung. Doch auch dies:
Eiskristalle formten Fragen: Warum immer wieder mich einlassen
auf Leben und Du und doch nur Konflikt ernten?
Als Antwort wuchs Sehnsucht nach endgültigem Abschied.

Ohne Mitgefühl
streckt mir die Zaubernuss ihre Schätze entgegen ―
und ihre Büschel aus goldenen Fäden
bringen etwas zum Schmelzen im Innern.
Ich staune wie in Kind:
Wie hat sie Gold gewirkt im Dunkel des Winters?
Diese Pflanze hat ihren Traum wahr gemacht ―
und was ist mit meinen Visionen vom ganz anderen Leben?
Ich ziehe meine Jacke fester um mich, stemme mich gegen den Wind.

Doch dann,
angesichts der grün-weißen Lanzen,
die es wieder einmal geschafft haben,
den harten Boden zu durchstoßen
und den ersten blauen Kelch dem Licht und meinem Blick darbieten
gestehe ich Niederlage und Sieg:
Ihr habt gewonnen. Auf ein Neues
lasse ich mich verlocken zu purer Lebensfreude.
Noch muss ich nicht wissen,
wie die Ernte dieses Jahres ausfallen wird.

Schneeglöckchen

Eine Anmerkung zu diesem Gedicht:
Des endlosen Winters müde fiel mir ein meiner Gedichte ein, dass ich vor Jahren geschrieben hatte, und ich fand es passend zu diesem ungewöhnlich langen Winter, der sich nun wohl doch dem Ende zuneigt, hoffentlich.
Was meinem Gedächtnis entfallen war: Dass ich darin auch das Ende einer Freundschaft angesprochen hatte. Und als ich dieses Gedicht dann wieder gelesen habe, war mein erster Impuls: Das schreibe ich um.
Aber dann habe ich doch befunden: Es ist okay, wie es ist, auch wenn das Ende einer Verbindung im letzten Winter nicht mein Thema war.

Im Herzen des Lotus

Lotus-stilisiert

Tief im schlammigen Grund wurzelt der Lotus
nur langsam reckt er die Stängel hinauf an die Oberfläche
bis irgendwann auf dem Wasser die erste Knospe treibt
und die erste Blüte ihr Herz dem Licht öffnet,
Symbol der Reinheit und Wiedergeburt.
Ohne die Wurzeln in der moddrigen Tiefe gäbe es sie nicht —
die hell strahlende Blüte auf dem Wasser.

So ist das Leben im Herzen des Lotus:
Ja sagen zu allem, was war und ist,
ohne das Dunkel zu verneinen oder festzuhalten,
die Weisheit daraus destillieren
und hinaus strahlen ins Licht.

Aquarell

Aquarell

Reden reden reden

RedenReden-rot

Münder bewegen sich
reden reden reden
sich darstellen
um sich zu zeigen, zu vergewissern:
„Das bin ich!
Mit meiner Geschichte
mit meiner Meinung.
Hört mir zu, seht mich an.“

Warum dieses Festhalten an dem, was war?
Warum dieses Beharren? „So bin ich und nicht anders!“
Warum nicht öfter in Schweigen abtauchen?
Sich in Stille und Leere neu entdecken, neu erfinden.