Drachenkampf, Drachenflug

Und plötzlich –
nach all der inneren Arbeit
nach all dem Sortieren von altem Müll –
sind sie wieder da:
Drachen – und nicht von der friedlichen Art
sondern die von der brutalen Sorte!

Herausfordernd:
„Da sind immer noch Reste der alten Ängste!
So viel hast du gelernt,
hast Weisheit erlangt…
Wende sie an!“

Und ich verstehe:
Sie sind nicht bösartig.
Es sind Heiler-Drachen.

Ich nehme die Herausforderung an:
„Erhebe dich über alte Ängste:
Fliege darüber hinweg!“

Drachenfrau

Willkommen im Feenreich

So oft schon durchwühlt
all der stinkende Müll der Vergangenheit
So oft wieder berührt
die alten schmerzhaften Wunden…
Warum noch einmal die ganze Tortur?
Dies alles kenne ich doch – bis zum Erbrechen.

Erbrechen ist Reinigung
& die geschieht nicht allein durch Rückschau
sondern durch Anerkennen & Loslassen…

Also Rückblick
auf eine lange Zeit, gelebt in Dunkelheit
im Verborgenen, voller Angst
vor den verächtlich deutenden Fingern
vor den anklagenden Mündern:
„Du bist nicht in Ordnung, so wie du bist.“
Und dann das Anerkennen des eigenen Weges
durch diese lange Nacht der Seele:
Durch ein finsteres Märchenreich
durch gefährliche Wälder und trügerische Sümpfe
bewohnt von schwarzen Zauberern und Hexen,
die ihre giftige Nahrung anboten.

Doch es gab auch andere Begegnungen
mit Wesen, die wirkten fremdartig und waren doch vertraut
mit Feen und Trollen, die um Hilfe baten
und dann selbst magische Hilfe anboten

die Furcht erregende Begegnung mit einem Drachen:
die Furcht, gegen ihn kämpfen zu müssen, auf Leben und Tod.
Es kam anders: Nicht Kampf wollte er, sondern Austausch:
auch ein Drache sehnt sich nach Nähe und Freundschaft.
Auf dem Weg durch die tiefdunkle Drachenhöhle
wurden alten Lasten aufgelöst:
verbrannt in reinigendem Feuer.
Als Lohn für den Mut teilte er seine Geheimnisse mit
seinen Schatz an Drachen-Weisheit.

Und der Weg führte weiter
hinaus aus Höhle und finsterem Wald & hinein
in eine zartviolette Morgendämmerung
wo verheissungsvoll im Gras der Morgentau funkelt

Wo ich hinaustrete in den jungen Morgen
unbelastet von Vergangenheit
das einzige Reisegepäck:
die tiefen Geheimnisse
die der Drache mit mir teilte
und ich trete ein
in eine Anderswelt
werde begrüsst als Feen-Königin

Und ein tiefes Erkennen steigt auf
entfaltet sich zu Freude und Lebenslust:
Hierher war ich die ganze Zeit unterwegs!

Drachenfrau

Gerade habe ich einen astrologischen Text zum Neumond im Skorpion veröffentlicht „Welch ein Start ins Zeichen Skorpion!“ http://skorpionmondin.wordpress.com/
Die Thematik der Wendung nach innen, der Selbsterforschung, die mitunter auch zum Entdecken verborgener Schätze führen kann, hat mich veranlasst, dieses bereits vor vielen Jahren entstandene Gedicht auszugraben, das auch in meinem Lyrikband „Mein Krähennest“ enthalten ist.
Titel und Schluss des Gedichts haben einen Bezug zu einem der sabischen Symbole, dem für 28° Skorpion: „Der Elfenkönig nähert sich seinem Reich.“

Wolkenschau

Wolkendrachen

Unsicher, welchen Pfad ich gehen soll,
lege ich eine Pause ein, schaue hinauf in die Wolken
fasziniert von ihrem Gestaltwandel.
Da, ein knuddeliger Eisbär auf einer Scholle,
darüber ein weißer Drache, eine Feuerwolke ausstoßend,
um sich darin aufzulösen,
um sich neu zu formen als ein Paar Delphine,
wolkige Wellen reitend.
Aber dort: ein großer grauer Wolf streckt sich
und stößt mitten hinein ins Weiß.
Oder habe ich mich getäuscht?
War es ein Oktopus, seine dunkle Tinte verspritzend
wie einen dunklen Vorhang vor dem Wolkenspiel?
Kein Zeichen bleibt für müde Wanderer.

Doch bald, nach dem harten schweren Regen, klärt sich der Himmel
und die Wolken formen ein Muster wie Wellen
die sanft auf den Strand gleiten.

Wolkenbilder

Als würde ich in einen Spiegel schauen, der meine innere Welt zeigt:
Obwohl vor mir kein gerader Weg zu sehen ist,
(schon gar nicht zu reden von einem sicheren!)
schlendere ich dahin, eine fröhliche Melodie pfeifend ― nur,
um wenig später überwältigt zu werden von den Katastrophen dieser Welt:
Massaker, Hunger, Finanzkrisen….

Drachenwolken

Doch dann, wenn ich die Düsternis satt habe,
schwelge ich in der Schönheit der Natur
und kehre zurück zu einem strahlenden Ausblick:
Genau wie der bewölkte Himmel ist die Welt dabei, sich neu zu erfinden,
diesmal, um die Erde zu achten und all ihre Bewohner,
seien sie Pflanzen, Tiere oder Menschen,
nicht länger bereit, gierigen Bossen zu dienen oder verrückten Bankern,
noch Politikern, die solche Brut unterstützen.

Wolkenschau

Den Drachen reiten

Umkreist von feurigen Drachen der Sonnenwinde

brennt die Sommersonne vom Himmel

Wenn Winde zu Stürmen wachsen — was ist zu tun?

Sich verkriechen in dunkle Schatten?

Nein!

Das würde bedeuet: sich klein machen,

die Energie dämpfen — oder gar löschen.

Hinausgreifen, weit und fern

und noch weiter und höher

sich hinaufschwingen und den Drachen bei den Schwingen packen,

das wilde Wesen reiten, wohin der Flug auch führen mag.

Schamanische Reise in die Drachenhöhle

Wieder einmal hatte ich mich so verletzlich gefühlt in der Welt der Menschen, so hilflos und schwach ― ebenso sehr wie damals, als ich geflohen war und die Kraft eines schwarzen Drachen mir geholfen hatte. In meiner Not erinnerte ich mich an ihn, den alten schwarzen Drachen, und machte mich auf den Weg zu seiner Höhle.
Als ich endlich, nach einer langen, erschöpfenden Wanderung, vor dem dunklen Höhleneingang stehe, zögere ich. Hier draußen ist heller Tag. Aber waren für mich nicht auch die hellsten Tage oft voller Dunkelheit gewesen? Diese Art von Dunkel war es ja, die mich hierher geführt hat. Dennoch lodert jetzt Angst auf. Aber wohin sonst könnte ich mich wenden? Wozu habe ich diesen weiten Weg zurückgelegt, bis vor die Höhle des Drachen?
Also trete ich ein in die Dunkelheit. Wasser tropft von den Höhlenwänden. Sehen kann  ich es nicht, aber spüren und hören. Pling! Pling!, begleiten Wassertropfen meinen Weg. Zu ihrer Melodie — Pling! Pling! — setze ich Schritt vor Schritt. Je weiter ich in die Finsternis vordringe, umso mehr scheint sie sich aufzuhellen. Als dringe aus der Tiefe der Höhle  ein schwaches Leuchten, wie von klaren Kristallen. Also doch ein Drachenschatz? Aber wir waren uns doch einig, dass dieser Schatz aus Weisheit besteht.
Mein Herz zittert vor Erwartung, vor Furcht und Freude wie das eines Vogels in seinem Käfig, der sich nach Freiheit sehnt und doch davor fürchtet.
Als ich laute Atemgeräusche höre, nehme ich mit der Kraft meiner Vorstellung mein unruhiges Herz in beide Hände. Da lebt etwas! Etwas Bedrohliches? Warum fürchte ich mich? Ich bin doch vertraut mit dem Drachen. Aber seit unserer letzten Begegnung ist so viel Zeit vergangen… Verronnen, so wie das Wasser von den Höhlenwänden tröpfelt.
Vorsichtig tasten meine Füße über den Boden, näher und näher heran an das Atmen. Nur einen schattenhaften Umriss kann ich erkennen, eine Schwärze in der Dunkelheit. „Bist du es?” wage ich zu flüstern.
Er ist es, und er hat mich längst wahrgenommen, lange bevor ich ihn erkennen kann. Ich höre ein tiefes Grollen, und nun macht er mir Vorwürfe mit einer Stimme, die schwach klingt, nicht so tief und stark und mächtig wie ich sie erinnere.
„Meine Kraft wollte ich dir geben, und du hast sie nicht genommen. Jetzt ist sie zerflossen, ist faulig geworden wie stehendes Wasser.“
„Ich war gefangen im Gestrüpp der Menschenwelt, und es war nicht einfach, mich daraus zu lösen,“ stammele ich. „Es tut mir leid.“
„Leid! Leid! Auch ich habe gelitten. Zuerst haben die Menschen die Existenz des Drachengeschlechts völlig geleugnet. Wie endlos lange habe ich hier gehaust, verborgen und verlassen. Dann bist du gekommen, und es gab wieder Leben und Hoffnung. Und dann bist du wieder gegangen. Kraft, die nicht weitergegeben werden kann, verdirbt irgendwann.“
Er weint, weint faulige Tränen. Alles ist faulig und stinkend in der Höhle. So war es nicht, als ich zum ersten Mal hier war. Ich ekle mich davor und möchte am liebsten umkehren. Aber dieser Drache hat mir geholfen mit seiner Kraft, und ich mag ihn, ich vertraue ihm, und deshalb möchte ich irgend etwas tun für ihn. Warum nur hatte ich ihn vergessen? Weil ich meinte, mich zufrieden einrichten zu können in der normalen Menschenwelt?
So lange hat er vergebens gewartet im Dunkel…
Also überwinde ich meinen Ekel und berühre seine schwärende schwarze Schuppenhaut, doch ich fühle mich elend und schwach dabei. Gefühle, die schon da waren, bevor ich hierher zurückgekehrt bin. Und nur deshalb, weil ich mich so elend gefühlt hatte, habe ich mich erinnert an seine Drachenkraft. Die nun dahinschwindet. Meine Reue und mein Mitgefühl werden stärker als Ekel und Schwäche; und ich lege beide Arme um den mächtigen Drachenrumpf.
Seine bernsteingelben Drachenaugen leuchten auf vor Freude über die Berührung, leuchten warm und golden, viel heller als der kristallene helle Schein aus den Tiefen der Höhle. Er hebt den Kopf und stößt eine Feuerflamme aus wie eine Fackel, mit der er das zurückkehrende Leben feiert ― doch es scheint ihn große Anstrengung zu kosten. Und der faulige Schwefelgeruch, der ihn umgibt, wird stärker, wird beinah unerträglich.

Und dann ist es nicht mehr mein starker Drache, der die Feuerflammen beherrscht: Es ist entsetzlich ― er selbst wird vom Feuer verzehrt! Die Flammen verbrennen ihn, nähren sich von seinem Leib! Mein Drache zerfließt zu einer ekelhaften Lache, auf der die Flammen tanzen.
Entsetzt bin ich und traurig zugleich: Er, der so stark und mächtig war. Nur Asche bleibt zurück. Und ich fühle mich schuldig. Wäre ich doch nur früher zurückgekehrt!
Da entdecke ich inmitten der Asche ein Stück Kohle, und das beginnt von innen zu glühen — es leuchtet aus sich selbst heraus. Plötzlich wird die Luft ganz klar und rein. Und die eben noch rot-glühende Kohle liegt als goldener Klumpen da. Vorsichtig strecke ich die Hand danach aus und berühre ihn mit den Fingerspitzen. Der Goldklumpen ist nicht mehr heiß, sondern angenehm warm.
Aber was soll ich mit Gold, das nicht lebendig ist? Wieder werde ich von Verzweiflung überflutet: Ich war doch gekommen, den Drachen zu suchen. Und fand ihn sterbend. Einst schien er so Furcht einflößend ― und doch hat er mir geholfen mit seiner Drachenkraft. Er schien so gefährlich zu sein ― und war doch so sanft. War erst so stark und dann so schwach. Er atmete, lebte, spie Feuer, und nun ist er nicht mehr. Ich bin zu spät gekommen. Ich bin verzweifelt.
Als ich das eiförmige Gebilde vorsichtig mit beiden Händen umfasse, bin ich überrascht, wie leicht es ist. Und irgend etwas scheint darin zu pulsieren. Ist das sein Vermächtnis? Wenn er mir dies hinterlassen hat, was soll ich tun damit? Ich schließe die Augen, frage mich, wie und wo ich eine Antwort finden kann.
Da spüre ich eine Bewegung in der Höhlung meiner Hände. Ich erschrecke, doch da regt sich auch Neugier. Wenn ich jetzt die Augen öffne, werde ich dann die Antwort auf meine Frage finden?
Das goldene Ei ist aufgebrochen, und in meinen Händen bewegt ein winziges Drachenkind seine Flügel, erstaunt schaut es in die Welt, die eine dunkle Höhle ist. Es ist so klein, so zart, es wirkt so schutzlos.

Aber ich war doch die Schwache, die Schutz suchen wollte bei einem starken schwarzen Drachen! Die einen sterbenden Drachen fand, den seine Kraft verließ, der von seinem eigenen Feuer verbrannt wurde. Soll nun ich die Starke sein für ein schutzbedürftiges Drachenkind? Seine Haut ist noch kein fester Schuppenpanzer, sie fühlt sich sehr zart an. Und der Blick aus seinen dunklen Augen ist so vertrauensvoll. Wer Vertrauen zeigt, kann umso leichter verletzt werden. Diese Lektion habe ich gründlich gelernt.

Drachen, frisch geschlüpft
Ich blicke hinunter auf das winzige Wesen in der Wölbung meiner Hände und fühle mich ratlos. Und erschrecke furchtbar durch ein Rumpeln, Poltern und Krachen, das von allen Seiten zu kommen scheint. Es ist unter und über mir, umgibt mich ringsherum. Einen Moment stehe ich starr vor Schreck: Wird nun, da der alte Drache nicht mehr ist, die ganze Höhle zerfallen? Ich muss unbedingt das Drachenkind schützen! Dieses winzige Wesen ist seine Hinterlassenschaft. Und wenn ich verantwortlich bin, kann ich nicht einfach fliehen. Behütend schließe ich meine Hände um den winzigen Drachen, atme tief durch und wende mich um. Und sehe nichts als Steinhaufen, Felsentrümmer, Höhlentrümmer. Der Weg, auf dem ich gekommen bin, ist versperrt. Aber dort drüben: ein Riss in der Höhlenwand, wo zuvor keine Öffnung war, gerade breit und hoch genug, dass ich mich hindurch schlängeln kann, auf eine Hand gestützt, in der anderen halte ich vorsichtig das zarte Drachenwesen.

Draußen ist Nacht, doch es ist keine finstere Nacht: die Dunkelheit wird erhellt von Mond- und Sternenschein. Nächtliche Lichter über einer Landschaft, die zum Betreten einlädt. Ich richte mich auf, steige vorsichtig über Geröll hinweg und fühle mich sicher, als meine Füße weiches Gras berühren. Hohe Bäume bieten ihren Schutz an, und irgendwo in der Nähe plätschert eine Quelle…
„Komm, kleiner Drache, lass uns hinausgehen in die klare Nacht. Und dann lass uns sehen, was der kommende Tag uns zeigen wird.“